Haltung

Sitzposition: Aufrecht, gerade, symmetrisch soweit möglich. Die Position sollte mit minimalem Kraftaufwand gehalten werden können. Verkrampfungen und Schmerzen nach wenigen Minuten deuten auf einen Haltungsfehler hin. Wer genaueres wissen und tiefern in das Thema einsteigen möchte dem sei folgendes Buch empfohlen:

Madeline Bruser, Yehudi Menuhin: The Art of Practising; A Guide to Making Music from the Heart; Amazon 7.96 Eur

Allgemein gilt: Bei Verspannungen, Verkrampfungen, oder gar Schmerzen SOFORT pausieren, lockern, und über eine Korrektur nachdenken. Schmerz ist ein Signal des Körpers, etwa wie die Öl-Warnleuchte eines Autos. Wer das ignoriert, riskiert dauerhafte Schäden.

Handhaltung links: Daumen etwa mitting unter das Griffbrett so zwischen Zeigefinger und Mittelfinger. Das letzte Fingerglied immer möglichst senkrecht von oben auf die Saite, um die Nachbarsaiten möglichst nicht zu dämpfen. Fingernägel: So kurz wie möglich.

Finger der linken Hand: Jeder Finger is zuständig für genau einen Bund: Zeigefinger (1) für den ersten, Mittelfinger (2) für den zweiten, Ringfinger (3) für den dritten. Andersherum könnte es schwierig werden. Das ist die Handhaltung des Klassik-Gitarristen. Sieht in etwa aus als liebkose man ein Rohes Ei. Sofern man da überhaupt von Liebe sprechen kann...

Der Rock-Gitarrist geht da etwas herzhafter zu Werke. Es sieht immer so aus als hielte er den Hals des Drummers fest und wolle ihm die Luft abdrücken. Der Daumen ragt dabei so weit in die Luft, dass er die damit 6. Saite drücken kann, wenn's sein muss. Powerchords lassen sich auf jeden Fall so spielen.

Man merkt, ich bevorzuge wohl eher die klassische Haltung. Was aber nicht heisst, dass ich daran klebe: Entscheidend ist, was in der jeweiligen Situation geht und angemessen ist, und was die eigene Fingergeometrie hergibt.

Handgelenk: Möglichst nur schwach gebeugt. Ein gestrecktes Handgelenk führt dazu, dass die linke Schulter nach vorne kommt und sich der Körper dabei verdreht, was Spannungen aufbaut.

Versuch: Mach abwechselnd eine Faust und strecke die Finger mehrmals, erst mit geradem oder nur leicht geknickten Handgelenk. Dann das gleiche mit stark (etwa 90 Grad) geknicktem Gelenk. Merkst du einen Unterschied? Wird warm, gell? Ja. Das ist der erste Schritt zur Sehnenscheidenentzündung! Stichwort: Karpaltunnelsyndrom.

Fingerdruck: So wenig Druck wie möglich, gerade so viel wie nötig, so dass die Saite sauber klingt und nicht schnarrt. Allerdings — beim Training könnte man auch sagen: Mit viel Druck, denn die Muskeln müssen ja aufgebaut und trainiert werden. Aber dann den Druck nur kurz anstehen lassen, etwa 1 Sekunde, dann entspannen und den Ton absterben lassen, sonst verkrampfen sich die Muskeln womöglich. Die sind übrigens nicht in den Fingern, sondern im Unterarm. Marionettenprinzip.

Rechte Hand: Nimm eine Tomate, greif sie mit der rechten Hand und halte sie mit den Fingerspitzen und Daumen. Also nicht den Raimund Harmstorf mimen - das macht nur Flecke auf dem Teppich. Unterarm etwa 45 Grad nach unten abhängen lassen. Das ist ziemlich genau die Haltung der rechten Hand, inklusive Handgelenkwinkel.

Daumen (p wie pulgar) geht auf die 6. Saite und dient als Bezugspunkt (Ankerpunkt) für die ganze Hand. Zeigefinger (i wie indice) und Ringfinger (m wie medior) zufpen dann leicht und immer abwechselnd die jeweilige Saite. Mach diesen "Wechselschlag" von Anfang an, wenn man erst mal ein "falsches" Zupfmuster eintrainiert hat, bekommt man es später nur sehr mühsam wieder weg.

Wird die 5. oder 6. Bass-Saite gezupft, wechseln Finger und Daumen die Rolle: Die Finger dienen jetzt als Ankerpunkt, der Daumen zupft. Geht auch mit der 4. und 3. Saite so, die Finger ankern dann an Saiten weiter unten.

Plektrum: Hier bin ich kein Experte - es gibt verschiedene Arten, das Plek zu halten, den Ankerpunkt zu wählen oder auch nicht, es gibt unteschiedes zwischen Solo und Rhythm Spiel, usw. Rod...?

So: Und jetzt alles auf einmal und gleichzeitig, und perfekt korrekt! So in etwa müsste es dann aussehen:

Peter Oberg: Sands of Time (for Aryeh)

Kleiner Tip: Bei Skalenübugen jeden Ton 4 mal zupfen. Also 2 mal Wechelschlag (i) (m) (i) (m). Dann den Kopf leicht wenden, den richtigen Finger der linklen Hand in aller Seelenruhe zum Bund deiner Wahl navigieren, Kopf wieder entspannt geradeaus wenden, Augen schliessen und den nächsten Wechselschlag mit allen Sinnen geniessen.

Das mit den Augen schliessen ist übrigens ganz ernst gemeint. Das fokussiert die Wahrnehmung auf Finger beider Hände und den erzeugten Ton. Denn der soll ja auch schön sein.