Stufen

Alles ist relativ.

Eine Skala kann ja nun auf jedem beliebigen Halbton (12 an der Zahl) beginnen. Das führt zu einer Unzahl von Noten und Akkorden, und es ist praktisch unmöglich, einfache Zusammenhänge und Strukturen dahinter zu erkennen. Man hört sie aber!

Dieser Dschungel lichtet sich wie von selbst, wenn man die Tonika aus der Gleichung eliminiert, und statt Noten römische Ziffern I bis VII verwendet:

I   II   III IV   V   VI   VII I
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 0
C - D - E F - G - A - B C

Wenn man die verschiedenen Skalen aus dem vorigen Abschnitt miteinander vergleicht, kommt einem diese Idee quasi wie von selbst: Man fokussiert automatisch auf die Intervalle, wenn man die Skalen vergleicht. Die Stufen- oder Funktionstheorie baut auf diesem Prinzip auf; sie analysiert Intervalle, Akkorde, ihre Klangfarben und ihre Beziehungen zueinander, und liefert so wichtige und einfache Bausteine für den Komponisten. Aber wir wollen uns hier nicht in Einzelheiten verlieren.

Das System der Stufen wird oft bei der Notation von Akkordfolgen benutzt: IV-V-I zum Beispiel. Man sieht dann sofort, in welcher Beziehung die Akkorde zur Tonika (I) und untereinander stehen.

TODO Rod: Hast du ein paar typische Blues Akkordfolgen im Kopf? Dürfen auch Akkordnamen sein, ich übersetz sie dann in den numerischen Namen.

Rosi zum Beispiel sagt, dass die Akkorde immer in "Kreisen" auftauchen: Bei einem Stück in C dur passen die Akkorde F und G7. Dabei führt das F von der Tonika weg, und über G kommt man wieder zurück. In anderen Tonarten ist das ähnlich, aber die Noten sind anders. Das ist genau der Punkt: Durch die Vielfalt der unterschiedlichen Noten und Akkorde sieht man das dahinterstehende einfache Muster nicht mehr.

Die Funktionstheorie abstrahiert das durch Reduktion auf Intervalle (lies: Abstände oder Distanzen zwischen den Tönen), und stellt dadurch dieses "Muster" deutlich heraus: Die Akkorde der verschiedenen Stufen haben eine ganz bestimmte Funktion (innerhalb eine Skala):

Für einen Gitarristen ist dieses Stufensystem optimal: Ihm ist es im Prinzip Wurscht, wo auf dem Griffbrett eine Stück gespielt wird, beim Transponieren auf einen anderen Grundton verschiebt sich das komplette Griffmuster lediglich rauf oder runter. Die Stufen bleiben wie sie sind. Ein Gitarrist denkt relativ, also in Intervallen, nicht in absoluten Noten.

Alles ist Relativ.

Es sei denn, man spielt mit Open Strings: Der Nullbund oben ist leider ziemlich absolut unverrückbar... folglich wird's dann komplizierter, da die Griffmuster für die Akkorde völlig anders gewählt werden müssen. Womit der Anfänger komplett überfordert sein dürfte, weil die Logik der Distanzen hier ständig über den Haufen geworfen wird.

Darum würde ich einem Anfänger raten, nicht in der Open Position zu beginnen, sondern im Bereich etwa 3. bis 9. Bund zu bleiben.

Ausserdem ist es dort einfacher, die Saiten niederzudrücken; man braucht deutlich weniger Kraft. Vorausgesetzt, das Instrument ist vernünftig und gut eingestellt, was den Saitenabstand zum Griffbrett angeht. Das ist übrigen bei "Fabrikgitarren" definitiv nicht der Fall. Sie sind darauf ausgelegt, nach dem Kauf auf den neuen Besitzer eingestellt zu werden. Dazu bearbeitet der Servicemensch Sattel und Steg; er schleift und feilt so viel Material herunter, bis die passende Saitenlage erreicht ist.

Merke auf:

Eine Gitarre von der Stange braucht einen Initialservice vom Händler des Vertrauens. Man sollte daher unbedingt diesen zusätzlichen Posten mit in die Kalkulation einbeziehen.

Es sei denn, man pflegt eine gute Beziehung zu Rod Hacknase. Der kann das, und macht günstige Kurse ;-) Sattelfeilen kann man sich demnächst bei mir ausleihen.